Main Echo digital 31.10.2023 Am Anfang war das WINDLICHT - MaBe®

Main Echo digital 31.10.2023 Am Anfang war das WINDLICHT

In Johannesberg entstehen aus alten Flaschen neue Gebrauchs- und Dekoartikel

Am Anfang war das Windlicht

Johannesberg - Steinbach: Besuch bei der Firma MaBe, die aus alten Einwegflaschen Windlichter, Vorgeltränken und ähnlich Produkte "upcycelt". 26.10.2023

Foto: Stefan Gregor

 

Aus Müll etwas Neues machen. Das gelingt der Firma Mabe im Johannesberger Ortsteil Steinbach. Alte Einwegflaschen verwandelt die Familie Beucker zu Windlichtern, Trinkgläsern oder Vogelfutterhäuschen. Doch auch sie werden von den wirtschaftlichen Unbilden der jüngsten Zeit geschüttelt.

Mabe steht für Martin Beucker, auch wenn seine Frau Ute Beucker eigentlich die Firmenchefin ist. Er sei aber der kreative Kopf, sagt sie, deswegen seine Initialen. Angefangen hat alles mit einem Windlicht, das aus einer unten aufgeschnittenen Flasche mit einem darunter hängenden Drahtkorb für ein Teelicht bestand. Dieses Geschenk funktionierte mehr schlecht als recht, und Martin Beucker kam ins Grübeln, wie es sich verbessern ließe.

Johannesberg - Steinbach: Besuch bei der Firma MaBe, die aus alten Einwegflaschen Windlichter, Vorgeltränken und ähnlich Produkte "upcycelt". Die Inhaber Ute und Martin Beucker. 26.10.2023

Foto: Stefan Gregor

 

Das Windlicht ging irgendwann durch einen Fußball der Kinder kaputt, doch die Idee blieb. Mit Experimentieren kam Beucker schließlich auf die Idee mit dem Loch. Ein kleines Luftloch in den Flaschen bewirkt, dass die Kerzen ruhiger brennen. Diese Idee hat sich Martin Beucker patentieren lassen. Im Februar 2018 präsentierte die Familie Beucker ihre Windlichter erstmals auf der Messe Christmas World in Frankfurt, und die Resonanz war sehr groß.

In den fünf Jahren seither hat die kleine Firma rund 115.000 Wegwerfflaschen zu Produkten umgewandelt, im Durchschnitt 96 am Tag. Und bei Windlichtern ist es nicht geblieben. Rund 450 Produkte sind inzwischen im Angebot: Trinkgläser aller Art, Eierbecher, Schlüsselanhänger, Vorratsdosen, Vasen, Kerzenständer, Lampenschirme, Vogeltränken oder Windspiele. Der Renner derzeit: Trinkgläser aus alten Aperol-Flaschen.

Johannesberg - Steinbach: Besuch bei der Firma MaBe, die aus alten Einwegflaschen Windlichter, Vorgeltränken und ähnlich Produkte "upcycelt". "Rohstoff" Glasflaschen. 26.10.2023

Foto: Stefan Gregor

 

Wer will, kann sich seine eigenen Flaschen umarbeiten lassen. Derzeit liegt zum Beispiel eine Bestellung eines Kunden vor, der ein Gläserset aus den Flaschen seines Lieblingswhiskeys bestellt hat. Oder eine Dame, die Gläser und Windlichter aus den Flaschen des Affentaler Weins wünscht, die ein Affe ziert.

Die Herstellung der Produkte ist reine Handarbeit. 18 Bearbeitungsschritte sind notwendig, damit aus einer Flasche ein Trinkglas wird. Das Zerschneiden geht dabei mit der Heiß-Kalt-Methode. Die Flasche wird ringsherum eingeritzt und dann abwechselnd erhitzt und in Eiswasser getaucht. Am Ende fällt die Flasche fast von selbst entlang der Ritzung in zwei Teile. Danach wird sie entsprechend zugeschliffen. Dazu sind teure Diamantscheiben erforderlich, was auch den Preis der Produkte erklärt.

Wie lange er an einem Stück sitzt, kann Martin Beucker nicht genau sagen; das sei von Flasche zu Flasche unterschiedlich. Dickwandige Sektflaschen bräuchten mehr Zeit als dünnwandige Weinflaschen. Ein Viertel der Arbeitszeit sei aber erforderlich, nur um die Etiketten zu entfernen, denn diese gehen bei Einwegflaschen - im Gegensatz zu Mehrwegflaschen - nur sehr schwer ab, erzählt Ute Beucker.

Johannesberg - Steinbach: Besuch bei der Firma MaBe, die aus alten Einwegflaschen Windlichter, Vorgeltränken und ähnlich Produkte "upcycelt". Martin Beucker in der Werkstatt, hier trennt er den Kopf einer Flasche ab. 26.10.2023

Foto: Stefan Gregor

 

Wo kommen die ganzen Flaschen her? Die meisten aus der Gastronomie, erzählen sie. Hier gibt es einige Bars und Straußwirtschaften, die sie regelmäßig mit Leergut beliefern. Bekannte würden ebenfalls für sie sammeln. Zudem haben sie vor ihrem Laden Behälter für Leergut stehen, in die man seine Flaschen stellen kann - bei unserem Besuch etwa etliche Flaschen finnischen Biers. Besondere Gläser, etwa aus Auflösungen von Apotheken, haben sie auch schon gekauft.

 

Bei ihren Produkten arbeiten sie mit lokalen Firmen zusammen. Die Kerzen stammen zum Beispiel von der Firma Wenzel in Aschaffenburg. "Die haben unser Produkt regelrecht getestet", erzählen Beuckers. Und dabei festgestellt, dass Kerzen in den Windlichtern 25 Prozent länger brennen und die Gläser dabei auch nicht verrußen. Die Gravuren auf einigen Flaschen werden in Aschaffenburg gemacht, und die Verpackungen kommen von der Wellpappe in Alzenau. Die Verpackungen können zurückgegeben und wiederverwendet werden, was etwa Floristen und Unverpacktläden regelmäßig machen.

Stolz sind die Beuckers darauf, dass sie inzwischen von Greenpeace zertifiziert und ihre Produkte in deren Online-Shop erhältlich sind, vorher hat Greenpeace jedes Produkt ausgiebig auf seine Umweltverträglichkeit hin geprüft.

Johannesberg - Steinbach: Besuch bei der Firma MaBe, die aus alten Einwegflaschen Windlichter, Vorgeltränken und ähnlich Produkte "upcycelt". Martin Beuckert im Glaslager. 26.10.2023

Foto: Stefan Gregor

 

Inzwischen ist die Firma ein reiner Familienbetrieb. Neben dem Ehepaar Beucker helfen die vier Kinder mit, wenn Schule und Studium es zulassen. Früher hatte man zwei Angestellte, die musste man jedoch mit Beginn der Corona-Krise entlassen. Überhaupt wurde der Betrieb durch die wirtschaftlichen Krisen stark geschüttelt. Erst kam Corona und dann der Ukraine-Krieg. Bei Corona ging es nach einiger Zeit wieder besser, weil viele Leute es sich daheim gemütlich machten und Produkte im hauseigenen Online-Shop bestellten. Derzeit sei jedoch eine große Kauf-Zurückhaltung zu spüren.

 

Dennoch möchte Martin Beucker, der seiner früheren Job als Manager für Outdoor-Bekleidung und Berater aufgegeben hat, nicht mehr zurück. Damals hatte er zwar ein regelmäßiges Gehalt, jetzt habe er aber die große Freiheit, seine Kreativität auszuleben. Auch wenn das bedeutet, dass er teilweise bis spät in die Nacht arbeiten muss, um einen Auftrag zu erfüllen. Derzeit bastelt er bereits an seinem nächsten Projekt: Glasbausteine aus Abbruchhäusern, die er zu Tischlampen umfunktioniert.

Josef Pömmerl